Cuxhavener Nachrichten vom Dienstag, 8. Juli 2003
"Tanto Canto" und "Neu-Eröffnetes Orchestre" musizierten im Schloss
Manches Mal ist es schon fast ein Glück, wenn etwas eben nicht
so kommt wie ursprünglich geplant. Am vergangenen Sonnabend zum
Beispiel, als das Konzert mit dem Solistenquartett "Tanto
Canto" und Mitgliedern des "Neu-Eröffneten
Orchestre" eigentlich "open air" im Schlossgarten und
mit einem Picknick vorneweg stattfinden sollte. Der von
Regenfällen der Tage zuvor durchnässte Rasen hatte die
Planung durchkreuzt und das Konzert in den Großen Saal des
Schlosses "verbannt".
So jedenfalls schien es, noch bevor der erste Ton erklungen war und
ließ sich zudem schließen aus den bedauernden Worten in
der Begrüßung der Schlossvereins-Vorsitzenden Waltraud
Bormann. Denn der Verein "Bürger für das Schloss
Ritzebüttel e.V." hatte schließlich im Jahr seines
20-jährigen Bestehens mit diesem "Open-air"-Konzert
etwas Besonderes bieten wollen.
Doch wenn auch noch nicht unbedingt nach dem anfänglichen
Concerto C-Dur für zwei Trompeten, zwei Violinen und Basso
continuo, so aber doch nach dem "Rätzel 'Sag her was ist
doch auf der Welt das best so allen wohlgefällt..."
für Sopran, Alt, Bass und Basso continuo war
gewissermaßen glasklar, dass Valentin Rathgebers Musik
nirgendwo so gut und richtig aufgehoben war wie eben im Saal des
Schlosses. Wäre sein "Musikalisches Tafel-Confect"
draußen im Freien serviert und für so manchen
Zuhörer aus der größeren Distanz heraus zu goutieren
gewesen, würde das der Wirkung der Musik und vor allem der ganz
hervorragenden Interpretation erheblichen Abbruch getan haben. Denn
das höchst erlesene "Tafel-Confect" des 1750 als
Benediktinermönch zu Banz (in Franken) verstorbenen Rathgeber
braucht die unmittelbare Nähe des Hörers zu den
Interpreten, um nur ja nichts von den vielen kleinen Details zu
verpassen. Und für genau das ist ein abgegrenzter Raum das
Richtige. Natürlich kann es auch ein begrenzter Innenhof in
sommerlichen Gefilden des Südens sein. Doch den haben wir hier
nicht.
Rathgebers "Musikalisches Tafel-Confect" handelt
eigentlich von ganz alltäglichen Dingen - von Frauenzimmern,
vom Wein, vom Geld und von den "Beschwerlichkeiten des
Ehestandes" beispielsweise. Die Texte seiner Duette oder
Quodlibets sind witzig, manchmal auch deftig und geben vor allem
für ausgezeichnete Sängerinnen und Sänger eine
Fülle von Gestaltungsmöglichkeiten.
Das "Musikalische Tafel-Confect" des Johann Valentin
Rathgeber (1682 - 1750) kann man nur dann einem Hörerpublikum
servieren, wenn man über äußerst fähige
Sänger und Instrumentalisten verfügt. Und genau das war am
vergangenen Sonnabend im Schloss der Fall.
"Tanto Canto" - das Solistenquartett aus Monika Frimmer
(Sopran), Christa Bonhoff (Alt), Dantes Diwiak (Tenor) und Peter
Kooij (Bass) - war so exzellent wie man sich ein exzellentes Confect
eben vorstellt. Und die sie begleitenden Musiker des auf
historischen Instrumenten spielenden "Neu-Eröffneten
Orchestre" waren ganz besonders, was die beiden Violinisten
Volker Mühlberg und Beatrix Hellhammer wie die Cellistin
Hendrike ter Brügge und Jürgen Sonnentheil am Cembalo
angeht, so filigran wie stilecht und beschwingt musizierende
Interpreten.
Rathgebers "Musikalisches Tafel-Confect" lebt zu einem
ganz entscheidenden Teil vom gesungenen Wort. Und da sind dann an
dieser Stelle vor allem die Sopranistin Monika Frimmer und die
Altistin Christa Bonhoff zu erwähnen, denen ein
Höchstmaß an lebendiger Gestaltung gelang. Monika
Frimmers wandlungsfähiger Sopranstimme merkte man darüber
hinaus die Opernpraxis an. Im Zusammenklang mit Dantes Diwiaks
geschmeidigem Tenor und Peter Kooijs fast samtenem Bass bot das
Solistenquartett "Tanto Canto" für die
Konzerthörer zeitweilig einen wahren Ohrenschmaus.
Die dieses "Tafel-Confect" Servierenden waren in der Tat
allesamt Solisten, Sänger wie Instrumentalisten. Dazu
zählen selbstverständlich auch die beiden Trompeter
Thibaud Robinne und Patrick Dreier mit ihren Concerti für
Trompete, Streicher und Basso continuo.
Ilse Cordes